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Von Teamarbeit und schlaflosen Nächten

Navid Linnemann und Eva Feuchter über unser Buchprojekt „Simdi heißt jetzt”

Nach zwei Jahren langer Arbeit ist unser Buch  „Simdi heißt jetzt” am 6.4. durch Förderung des Deutschen Generalkonsulats in Istanbul beim Slanted Verlag erschienen. Darin befinden sich 15 persönliche Essays, Momentaufnahmen aus Istanbul und kreative Illustrationen, die ihre ganz eigene Perspektive zum türkischen Alltag festhalten. Wir können es fast selbst gar nicht glauben, als Maviblau nun Herausgeber eines Buches zu sein und freuen uns riesig, dieses Buch mit euch zu teilen. Den Prozess initiiert und vorangetrieben haben vor allem Navid (Autor in Istanbul) und Eva  (Illustratorin in Leipzig) aus unserem Team. In diesem Interview halten sie fest, wie es zu dem Buch kam, was es bedeutet hat, mit so vielen Beteiligten ein Buch zu gestalten und was sich hinter den Coverseiten verbirgt.

Wie kam es überhaupt zu “Şimdi heißt jetzt”?

Navid: Maviblau hat ja als Onlinemagazin begonnen und obwohl wir jetzt viele Veranstaltungen organisieren und Projekte durchführen, ist das Schreiben noch eine unserer Hauptleidenschaften. Weil man damit so viele Informationen, persönliche Perspektiven und Eindrücke vermitteln kann. Das ist in unserer Dialogarbeit einfach viel wert. Und die Idee zu dem Buch entstand aus der Überlegung heraus, wie wir diese Mittel auch Offline nutzen können. Deshalb hatte ich große Lust auf ein Buchprojekt und habe mich im Team umgehört, wer auch Lust dazu hätte.

Eva: Genau, das war im Dezember 2017 und ich wollte ein illustriertes Buch gestalten als Masterarbeit in meinem Designstudium. Ich liebe die Istanbuler Alltagskultur und konnte mir sehr gut vorstellen, Details aus meinen Beobachtungen zu zeichnen. Es war dann schnell klar, dass verschiedene Autor*innen aus dem Team persönliche Texte schreiben würden. Der weitere Erzählstrang Illustration hat dann quasi den visuellen Bogen um die unterschiedlichen Essays gespannt.

Worum geht es denn in dem Buch?

Eva: „Şimdi heißt jetzt” ist eine Kombination aus Sachbuch und Geschichtensammlung mit einer Menge interessanter Details zum Alltagsleben in der Türkei. Es ist natürlich eine subjektive, persönliche Sammlung, die aber gleichzeitig auch viele Facetten zeigt. 

Navid: Das Buch soll auf eben diese persönliche Art Anfangspunkte setzen, sich dem türkischen Alltag jenseits von Nachrichten und Reiseerlebnissen zu nähern. 

Wie sah der Prozess aus und was waren die Herausforderungen?

Navid: In kollektiver Arbeit mit den 15 Autor*innen haben wir das inhaltliche Konzept entwickelt. Wie sollen die Texte aussehen, welche Themen wollen wir bearbeiten?
Eva: Parallel musste ich die Gestaltung entwickeln, mit dem Zeitdruck der Masterarbeit im Nacken. Da habe ich schon die ein oder andere schlaflose Nacht damit verbracht, meine Herangehensweise zu überdenken. Ganz wichtig war mir, keine Klischee-Bilder von Istanbul oder der Türkei zu produzieren. 

Navid: Das war auch textlich unser Ziel. Deshalb war unser Lektoratsprozess recht intensiv und wir haben mit einem großen und diversen Team lange daran gearbeitet. 

Eva: Und als die Arbeit am Inhalt und der kreative Prozess dann abgeschlossen waren, haben wir gemerkt, dass die größte Herausforderung noch vor uns lag: die Veröffentlichung selbst. 

Navid: Genau! Wir mussten viele Fragen klären: Wie veröffentlicht man ein Buch als Verein? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit einem Verlag, einer Druckerei? Was gibt es rechtlich zu beachten? All diese Themen waren Neuland für uns und nicht immer leicht zu meistern. Und es hat auch um einiges länger gedauert, als wir erwartet haben. Trotzdem war es eine spannende Erfahrung. Und ich bin auch sehr dankbar, dass unser Team über einen so langen Zeitraum an unser Projekt geglaubt hat.

Eva: Ja, die Produktion des Buchs hat uns nochmal einige Nerven gekostet auf den letzten Metern. Ich bin froh, dass wir es trotzdem durchgezogen haben!

Was sollen die Leute mitnehmen, wenn sie „Şimdi heißt jetzt” lesen?

Navid:  Ich denke, dass Menschen unterschiedliche Dinge aus dem Buch mitnehmen können. Wer das Leben hier noch gar nicht kennt, wird sicherlich über das ein oder andere im Buch staunen. An anderer Stelle werden sich die Leser*innen vielleicht  über unvermutete Gemeinsamkeiten mit dem Leben in Deutschland wundern. Aber auch für Menschen, die schon oft hier waren oder familiäre Wurzeln hier haben kann das Buch interessant sein. Aufgrund der vielen verschiedenen Perspektiven unserer Autor*innen gibt es immer etwas Neues, etwas Unbekanntes, über das man in den Geschichten im Buch stolpert. Gerade das macht dieses Projekt so vielseitig, informativ aber eben auch unterhaltsam.

Eva: Ich glaube, mir geht es eher um ein bestimmtes Feeling, das die Leute mitnehmen sollen. Viele, die ich kenne, haben ein Türkei-Bild entwickelt, das darauf hinausläuft, dass man halt nicht mehr hingeht. Das Buch soll sich daher so anfühlen, als ob man mit fünfzehn verschiedenen Leuten was trinken geht, und diese Leute erzählen einem ihre Geschichten und Erkenntnisse über Istanbul und den Alltag in der Türkei.

Navid: Guter Punkt. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich durch „Şimdi heißt jetzt” mehr füreinander interessieren, andere Perspektiven einnehmen, neugierig sind und verstehen wollen. Das macht unser gemeinsames Leben wesentlich einfacher und zudem auch spannender.

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