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Der Islam, das Islam, was Islam?

Ein Buch von Kerim Pamuk

Sie schaut mich irgendwie frech an, und dann noch dieses Augenzwinkern. Die knalligen Farben verstärken den aufmüpfigen Ausdruck der jungen Frau mit Kopftuch auf dem Buchcover– darf sie das? Ich meine nicht „Kopftuch tragen“, das darf sie natürlich (hoffentlich wird sich daran auch niemals etwas ändern), aber darf sie trotz Kopftuch so frech und wild erscheinen? Genau solchen Vorurteilen widmet sich Kerim Pamuk in seinem “Lexikon für Durchblicker” rund um den Islam. Das Buch gibt nicht nur vor, unverschleiert zu sein, sondern schafft es tatsächlich. Pamuk lässt sich keinen Maulkorb verpassen und sagt, was er denkt; schreibt, was er herausgefunden hat. Schon mit dem brillantenTitel „Der Islam, das Islam, was Islam?“ gibt er viel Mutmaßungsspielraum für Vorurteile: Können Muslime/a überhaupt richtig Deutsch oder lassen sie immer das Prädikat weg? Außerdem wirft die Verwirrung über den korrekten Artikel für „Islam“ die Frage auf, ob sich der Islam in Deutschland schon integriert hat: Lässt sich der Islam überhaupt in Deutschland integrieren? Heißt es nun der oder das? Die Verwirrung über den korrekten Artikel scheint nicht nur eine Frage nach der Integration aufzuwerfen, sondern gleichermaßen eine Anspielung auf das Unwissen der Mehrheitsgesellschaft zu sein. Auch bezieht sich Pamuk nicht nur auf eine Gruppe, die der Nicht-Muslime, sondern meint auch die mit mangelhaftem Wissen ausgestatteten Predigenden. Pamuk scheint es ein Bedürfnis zu sein aufzuklären  und es ist herrlich, wie er wissenschaftlichen Scharfsinn mit klarer Gesellschaftskritik und einer gehörigen Prise Humor verbindet. Über die alphabetische Ordnung kann der/die LeserIn nach dem stöberm, was er/sie gerade wissen möchte, oder aber das Buch in einem Rutsch durchlesen. Gesucht werden kann nach „Salafismus“ – der „Islamistischen Strömung der Förderschüler“, „Dschihad“ – einem „lukrativem Business“ und abschließend „Zuckerfest“ – bedeutet nicht, dass Türken und Türkinnen einmal im Jahr den Zucker hochleben lassen. Das sei nicht nötig, das täten sie sowieso jeden Tag!

Kerim Pamuk

Kerim Pamuk stammt aus einem Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste und kam mit neun Jahren nach Deutschland. Später studierte er Orientalistik und lernte während des Studiums seine spätere Ehefrau kennen. Mit zwei Kindern leben die beiden in Hamburg, dort machte Pamuk im Schanzenviertel seine ersten Bühnenerfahrungen. Inzwischen ist er erfolgreicher Kabarettist. Pamuk hat die Stimme, die unsere Gegenwart braucht: humorvoll, kritisch, aufgeklärt. Das wunderbarste an Pamuks Buch ist, dass es jede/r lesen kann – jede/r der/die bereit ist zu schmunzeln und zu lachen. Wer lieber weiter mit Ernst in die Welt schauen möchte und der Überzeugung ist, dass es Dinge gibt, bei denen der Spaß aufhört, der sollte die Lektüre lieber lassen.

Text: Carina Plinke
Autorenfoto: Kerim Pamuk
 Titelbild: Gütersloher Verlagshaus