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Zwei Ausbildungssysteme, ein Campus. Die Türkisch-Deutsche Universität

Wäre die Türkisch-Deutsche Universität ein neu gekaufter Computer, dann wäre die Bildschirmschonfolie noch dran. So frisch wirken die Gebäude des Campus, der sich noch im Aufbau befindet. Mitten im grünen, verträumten Beykoz hämmern die Presslufthammer und rauchen die Köpfe der jungen Studierenden. Noch hat niemand seinen Abschluss hier gemacht. Das geschieht erst im nächsten Jahr. Eine der Personen, die diesen Moment erträumt, ist Professor İzzet Furgaç, Koordinator des deutschen Konsortiums der Türk Alman Üniversitesi. Mit ihm sitzen wir an einem langen Konferenztisch auf großen, weißen Arbeitssesseln, die nach neuem Leder riechen, und lassen uns das System dieser ungewöhnlichen Universität erklären.

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Die TAU ist …

„… eine Universität, deren Vision es ist, die besten Eigenschaften aus Deutschland und der Türkei zu vereinen“, erzählt İzzet Furgaç. Mit einem Kontingent von jeweils 40 Plätzen pro Studiengang ist die Universität klein und persönliche Studierendenbetreuung Teil des Konzepts. Der Unterricht findet größtenteils auf Deutsch, manchmal auf Englisch statt. Studierende kommen aus türkischen und deutschsprachigen Schulen in der Türkei und zu einem kleinen Anteil aus Deutschland. Der eigentliche deutsch-türkische Austausch ist aber vor allem im Ausbildungssystem verankert. Jede Fakultät der TAU arbeitet gemeinsam mit einer entsprechenden Fakultät in Deutschland an der Entwicklung der Studiengänge und Unterrichtspläne. Insgesamt entwickelt die TAU ihr Konzept in Zusammenarbeit mit 35 deutschen Universitäten – ein immenser Kooperationsaufwand. Das ist İzzet Furgaçs Job, er sieht darin trotz des großen Austauschpensums einen Gewinn für Unterrichtende und Studierende, denn in gemeinsamer Arbeit profitiere man vom Wissen aller. Das ist auch das Konzept der Uni: durch türkische und deutsche Expertise bestmögliche Lehrmethoden zu schaffen. „Wir verbinden das theorielastige türkische Studium mit dem deutschen Praxisverständnis”, so beschreibt es der Koordinationskünstler. Die Türkisch-Deutsche Universität ist dennoch vom System her eine staatliche Universität der Türkei. Auch der Bachelor-Studiengang dauert hier gemäß dem türkischen System vier Jahre.

Der Ursprung der TAU …

… reicht weit zurück. Zwischen Deutschland und der Türkei gab es schon unter Helmut Kohl erste Pläne zur Gründung einer deutsch-türkischen Universität, umgesetzt wurde diese Idee jedoch erst 2010. Der damalige deutsche Bundespräsident Christian Wulff und der damalige türkische Staatspräsident Abdullah Gül waren bei der Grundsteinlegung im Oktober des Jahres dabei. Zum Wintersemester 2013/14 wurde dann der reguläre Lehrbetrieb aufgenommen.

Die TAU von innen kennenlernen …

… kann man zum Beispiel durch das Erasmusprogramm. Inzwischen hat die Türkisch-Deutsche Universität die Berechtigung für den Austausch und befindet sich im Prozess, Vereinbarungen mit den Partneruniversitäten zu unterschreiben. Neben dem regulären Universitätsprogramm gibt es auch ein großes Sprachlernzentrum, in dem die Studierenden auf den deutschsprachigen Unterricht vorbereitet werden. Auch hier gibt es die Möglichkeit, sich als Lehrkraft zu bewerben. İzzet Furgaç sieht auch in der Wahl des Personals den Austausch als sehr wichtig an. „Durch unser internationales Team erfahren unsere Studenten von der deutschen Kultur”, sagt er. So seien sie nicht nur fachlich interkulturell ausgerichtet.

Besondere Momente

Für İzzet Furgaç ist die Türkisch-Deutsche Universität eine Herzensangelegenheit. „Wie viele können schon von sich sagen, dass sie am Aufbau einer solchen Universität beteiligt sind?”, sagt er und lacht. Er setzt auf die deutsch-türkische Kombination. „Ich hab schon so einige Wetten darauf gewonnen”, erzählt er uns. Damals, als mit dem Bau der Gebäude begonnen wurde, wettete er gegen seine deutschen Kollegen. Mit Blick auf den noch in Kinderschuhen steckenden Gerüstbau behauptete İzzet Furgaç, in acht Monaten könne man in diesen Gebäuden unterrichten. Die deutschen Kollegen schüttelten nur die Köpfe. Acht Monate später begann der Unterricht in ebendiesen Gebäuden. Und İzzet Furgaç hatte seine Wette gewonnen. „Wenn wir die Geschwindigkeit und Flexibilität der Türkei mit der Planung und Organisation von Deutschland kombinieren, sind wir unschlagbar.” Genau diese Kombination will die Türkisch-Deutsche Universität ihren Studierenden auf den Weg geben.

Informationen über die TAU findet ihr hier.


Für weitere Organisationen, Vereine und Plattformen, die sich mit dem deutschsprachig-türkischen Austausch beschäftigen, schaut euch unsere MAVI-Map an und klickt euch durch die Marker.

Text: Marie Hartlieb
Bilder: Sabrina Raap

Online-Map: Mert Barış
Redaktion: Tuğba Yalçınkaya

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