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Sprach- und Kulturbrücke mit langer Tradition: Das Goethe-Institut Istanbul

Wer kennt es nicht, das Goethe-Institut? Mit 160 Büros ist es in 90 Ländern vertreten. Das Goethe-Institut in Istanbul ist eines von dreien in der Türkei. Wir laufen die Seitenstraße hinunter, die neben dem Galata Lisesi verläuft, um uns mit dem frisch aus Südkorea eingetroffenen Leiter des Instituts, Reimar Volker, zu treffen. Seit Juli dieses Jahres ist er nun in Istanbul. Einen türkischen Lebensalltag im kleinen Rahmen hatte er bereits vor vielen Jahren, als er in Berlin in dem von ihm sehr geschätzten Viertel Kreuzberg zur Schule ging. Durch seine türkischen Schulkamerad*innen schnappte er damals schon ein paar Brocken Türkisch auf. Mit 17 Jahren reiste er zum ersten Mal mit einer türkischen Schulkameradin in die Türkei, durch Kappadokien und an der Mittelmeerküste entlang, und war sofort begeistert von der Vielseitigkeit des Landes. Nach Ämtern in Kairo, Indien und Südkorea sitzt er heute  im Gebäude des Goethe-Instituts in Istanbul. Gekleidet in einem eleganten dunkelblauen Nadelstreifenanzug begrüßt er uns freundlich in seinem Büro und erzählt über das Goethe-Institut und ein bisschen über sich selbst. Es schien für ihn zunächst gar nicht so einfach, hier zu landen. „Die Personalleiterin sagte mir, dass jeder nach Istanbul möchte”, erzählt er uns, “ich habe mir bei der Bewerbung deshalb besonders viel Mühe gegeben und glücklicherweise hat es mit meinem ‘Sehnsuchtsland’ geklappt.”

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Das Goethe-Institut ist…

in erster Linie eine Kultur- und Bildungsinstitution und steht für die Vermittlung der deutschen Sprache, die Repräsentation der Kultur Deutschlands im Ausland und setzt sich für kulturelle Kooperationen in den Zielländern ein – gewissermaßen eine Anlaufstelle für deutschsprachige und an Deutsch(land) interessierte Menschen. Das Goethe-Institut ist weltweit in 12 verschiedene Regionen unterteilt. Für die Region Südosteuropa, welche die Türkei einschließt, ist das Goethe-Regionalbüro in Athen zuständig. Neben dem Hauptgebäude des Goethe-Instituts in Beyoğlu wurde 2016 auch eine Zweigstelle in Kadıköy/Moda eröffnet. In diesem Gebäude finden vorest nur Sprachkurse statt, eine kleine Bibliothek befindet sich im Aufbau.

Der Ursprung des Goethe-Instituts…

führt zurück zu seinem ursprünglichen Namen „Deutsche Akademie“. 1951 wurde diese in der Türkei gegründet, aus der das heutige Goethe-Institut entstand. Interessanterweise gibt es seit 1957 ein bilaterales türkisch-deutsches Kulturabkommen, das die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Staaten regelt und somit gewissermaßen die Aufgaben der Goethe-Institute bestimmt. Die Bedeutung deutsch-türkischer Beziehungen wurde somit besonders hervorgehoben. Das spätere Anwerbeabkommen spielte sicherlich eine entscheidende Rolle dabei. Auch heute noch ist das Goethe Institut eine wichtige Anlaufstelle, wenn es um Einwanderung und Familienzusammenführung von türkischen Staatsangehörigen in der Türkei geht.

Blick von der Terrasse des Goethe-Instituts
Blick von der Terrasse des Goethe-Instituts

Die Aktivitäten des Goethe-Instituts…

fokussieren sich hauptsächlich auf die Bereiche Sprachkurse und Bildungskooperationen, kulturelle Programmarbeit sowie Information und Bibliothek. Für Menschen, die Deutsch lernen möchten, ist das Goethe-Institut meistens die Anlaufstelle Nummer eins, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Goethe-Sprachzertifikate bei allen Behörden Deutschlands anerkannt werden und dies für die Familienzusammenführung unabdingbar ist. Ein weiterer Grund ist die Qualität des Unterrichts. Das Goethe Institut bildet Lehrkräfte im Rahmen ihres Fernstudienprogramms „Deutsch als Fremdsprache“ gezielt aus. Im Jahr 2015 gab es an die 5000 Kursteilnehmer*innen, die Nachfrage in diesem Jahr nahm sehr stark zu, so Reimar Volker. Darüber hinaus stellt das Institut in Zusammenarbeit mit Partnern in der Türkei diverse Kulturprogramme auf die Beine: Theateraufführungen, Filmvorstellungen, Kunstausstellungen, Lesungen und Konzerte; bekannte Persönlichkeiten aus Deutschland sind dabei nicht selten vertreten. Teil der Kulturarbeit ist auch die „Kulturakademie Tarabya“, in der jedes Jahr verschiedene Stipendiat*innen aus dem künstlerischen Bereich, hauptsächlich aus Deutschland, residieren. Das Goethe-Institut Istanbul trägt die kuratorische Verantwortung der Akademie, deren organisatorische Leitung bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ankara liegt,  und unterstützt die Stipendiat*innen dabei, sich mit lokalen Künstler*innen zu vernetzen.  Daneben gibt es im Hauptgebäude des Instituts in Beyoğlu  eine Bibliothek, die für alle Gäste zugänglich ist. Vor allem Deutschlehrer*innen können sich hier informieren und Materialien für ihren Unterricht finden.

Möglichkeiten, sich selbst einzubringen…

gibt es derzeit in Form eines Praktikums aus bürokratischen Gründen leider nicht mehr. „Ich persönlich finde das sehr schade. Denn auch ich habe damals, als ich Musik an der Hochschule der Künste in Berlin studiert habe, ein Praktikum am Goethe-Institut in Bombay absolviert“, sagt Reimar Volker, „für mich war das gewissermaßen ein Türöffner.“ In Zukunft wird es aber sicher wieder die Möglichkeit eines Praktikums geben. Und bis dahin kann man das umfangreiche kulturelle Angebot des Instituts wahrnehmen. Davon abgesehen sind natürlich immer ausgebildete Deutschlehrer*innen, oder die, die es werden wollen, gefragt.

Wem gehört das Wort? Peter Schneider & Zeynep Oral

Ein von Goethe-Institut Istanbul (@goetheinstitutistanbul) gepostetes Foto am

Besondere Momente…

gab es in der kurzen Zeit seit Juli schon einige. Die Buchmesse war für Reimar Volker ein ganz besonderes Erlebnis, das er so schnell nicht vergessen wird. Ein anderer besonderer oder eher lustiger Moment ereignete sich, ein paar Tage bevor er sein Amt am Goethe-Institut Istanbul überhaupt antrat. Während des ersten Tages seiner Istanbul-Erkundungstour mit seiner Frau stand er plötzlich nichtsahnend und ohne jegliches Wissen gegenüber dem Standort, vor seinem neuen Arbeitsplatz, dem Goethe Gebäude.

Reimar Volker bewegt sich derzeit zwischen Berlin und Istanbul. In Kreuzberg hält er sich immer mal wieder auf und stattet dem türkischen Gourmetladen bei ihm um die Ecke gern den einen oder anderen Besuch ab. „Der war vor 20 Jahren noch ein Supermarkt und wurde von den Töchtern des Besitzers zum Gourmetladen umgewandelt“, erzählt Reimar Volker, – die perfekte Gelegenheit für ihn, neu erlernte türkische Vokabeln direkt anzuwenden.

Informationen über das Goethe-Institut Istanbul findet ihr hier.

Für weitere Organisationen, Vereine und Plattformen, die sich mit dem deutschsprachig-türkischen Austausch beschäftigen, schaut euch unsere MAVI-Map an und klickt euch durch die Marker.

Text: Tuğba Yalçınkaya
Redaktion: Yasemin Bodur
Fotos: Emily Mahringer
Online-Map: Mert Barış

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